Gewinne mitnehmen… das klingt gut. Erstens, weil es bedeutet, dass man vorher etwas richtig gemacht hat, sonst wären die Gewinne gar nicht erst vorhanden. Zweitens, weil man so einen Profit sichert, der vorher nur ein Buchgewinn war, ein Plus, das schnell wieder weg sein könnte, sollten die Kurse wieder fallen. Aber wenn man es richtig machen will, wirklich nur dann Gewinne mitnehmen will, wenn es sinnvoll und/oder nötig ist, ist das gar nicht so einfach.
Die entscheidenden Richtlinien für Gewinnmitnahmen Jeder Anleger dürfte da schon entsprechende Erfahrungen gemacht haben. Man verkauft eine Position teilweise oder auch ganz und ärgert sich danach, weil der Kurs einfach weiter steigt. Aus einem positiven Schritt wird dadurch Frustration, weil man dann nur die Wahl hat, den Kursen beim Steigen zuzusehen oder teurer zurückzukaufen. Und wenn es dann ganz dumm kommt, kippen die Kurse dann doch nach unten, kaum, dass man wieder eingestiegen ist. Wie macht man es richtig? Dazu haben wie einige Tipps in diesem Artikel zusammengestellt:
Akzeptieren Sie, dass Sie keine Glaskugel haben! Schritt Eins bei egal welcher Strategie zum Thema Gewinnmitnahmen ist: Die Zukunft ist nicht vorhersagbar. Weder Sie noch sonst jemand können sicher wissen, ob die Kurse einer Aktie, eines Index oder was auch immer Sie aktuell im Depot haben, wirklich „oben“ sind. Daher wird eine Gewinnmitnahme immer eine Entscheidung in einem Umfeld von Unsicherheit bleiben. Sie werden also nie und unter keinen Umständen sicher sein können, dass Sie den optimalen Punkt für die Gewinnmitnahme getroffen haben. Wenn Sie das akzeptieren, können Sie weitaus leichter damit umgehen, wenn sich ein Verkauf als Fehler erweist und sich auf den Kern der Sache konzentrieren, der da lautet:
Vermeiden Sie, dass eine Gewinnmitnahme im falschen Moment Ihr Fehler war und nicht einfach nur Pech, indem Sie einige grundlegende Faktoren beachten, die Sie in die Lage versetzen, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Niemals Gewinne mitnehmen, um woanders kein Minus realisieren zu müssen! Die Erfahrung lehrt, dass es jedem schwerfällt, Verluste zu realisieren. Wenn es an den Börsen ungemütlich wird, verkaufen viele die Positionen, die in ihrem Depot im Plus liegen, um auf diesem Weg die Barbestände zu erhöhen. Einfach, weil es sich besser anfühlt, einen Gewinn mitgenommen zu haben. Gewinne mitnehmen ist wie die Bestätigung, etwas richtig gemacht zu haben. Verluste zu realisieren wirkt, als müsste man einen Fehler eingestehen. Aber natürlich ist diese emotional verständliche Vorgehensweise völlig verkehrt, denn:
Verluste zu realisieren bedeutet, eine Position, die nicht so läuft, wie man sich das eigentlich vorgestellt hat, konsequent zu beenden. Gewinne mitzunehmen, weil der Markt an sich schwankt, kann aber bedeuten, eine Position aufzugeben, die weiterhin genau das tut, was sie soll. Ein Fehler! Diese Neigung führt sofort zu einem anderen Punkt:
Keine Angst vor großen Gewinnen! Weil man Verluste ungern realisiert, neigen nicht wenige dazu, in solchen Fällen einfach investiert zu bleiben und zu hoffen, statt zu handeln. Man versucht, das Minus auszusitzen, um ja keine unangenehmen Konsequenzen ziehen zu müssen. Aber dieser scheinbare Mut verlässt Anleger dann genau dort, wo er angebracht ist: bei Gewinnen. So kommt es, dass sehr viele Anleger bei Gewinnen zu Hasenfüßen werden, bei Verlusten aber zu – tragischen – Helden.
Statt Angst zu haben, dass ein Minus größer wird, haben viele Angst, dass sie einen einmal erreichten, schönen Gewinn verlieren könnten … und nehmen ein Plus von z.B. 20 Prozent mit aus Sorge, der Gewinn könnte schon morgen wieder weg sein. Aber genau da müssen Sie mutig sein! Es gibt eine gute, alte Faustregel dazu:
Gewinne passen auf sich selbst auf, Verluste nicht!
Um Gewinne abzusichern, nutzt man Stoppkurse … und wenn es mal hektisch wird, wenn man mit zu großen und schnellen Schwankungen rechnen muss, nutzt man den Vorteil, den eine Stop Loss-Verkaufsorder bietet. Aber einfach auszusteigen, weil „20 Prozent doch prima sind“ ist unklug. Warum?
Weil Ihr Gewinn kein Argument für den Rest der Anleger auf dieser Welt ist, bei dieser betreffenden Aktie nicht weiter zu kaufen. Die Börse interessiert sich nicht dafür, wo Sie persönlich irgendwann einmal eingestiegen sind. Die Höhe Ihres Gewinns wird einen Aufwärtstrend weder bremsen noch stoppen. Orientieren Sie sich daher niemals daran, wie groß Ihr Gewinn bereits ist, wenn es um die Frage geht, ob Sie ihn mitnehmen sollten oder nicht. Aber woran dann?
Nur der Kursverlauf selbst darf Sie leiten Orientieren Sie sich immer nur am Chart, am Kursverlauf. Den gilt es abzuklopfen, zu untersuchen, ob sich dort Schwächesignale auftun, die es nahelegen, besser auszusteigen oder zumindest einen Teil des Gewinns zu sichern. Das können markttechnische Indikationen sein wie im folgenden Chart abgebildet z.B. der Relative Stärke-Indikator, der die überkaufte Zone erreicht hat. Wenn Sie anhand des historischen Kursverlaufs festgestellt haben, dass das speziell bei der betreffenden Basis, ob nun Aktie, Index, Währung, Rohstoff oder Währungspaar, gemeinhin zu Rücksetzern geführt hat oder sogar einen Abwärtsimpuls eingeleitet hat, ist eine Gewinnmitnahme durchaus zu erwägen.

Grundsätzlich ist es ratsam, eher bei bereits abnehmenden Kursen auszusteigen. Das Erreichen von Kurszielen bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Kurs nicht das nächste, höhere Ziel erreichen könnte. Ebenso bedeuten das Erreichen von Widerständen nicht unbedingt, dass der Kurs diesmal nicht darüber steigen würde. Es ist generell keine ideale Strategie, in stark steigende Kurse auszusteigen. Jene, die dazu neigen, könnten, wenn sie selbstreflektieren, feststellen, dass die Angst, einen schönen Gewinn schnell wieder zu verlieren, die eigentliche Triebfeder für den Verkauf ist.
Es ist wichtig zu erkennen, dass Buchgewinne nicht gleichbedeutend mit "eigenem Geld" sind. Die Angst, dass ein Gewinn schrumpfen könnte, basiert oft darauf, dass man ungern etwas zurückgibt, was man bereits gewonnen hat. Wenn man beispielsweise 100 Euro Gewinn erzielt, neigt man dazu zu denken: "Das ist mein Geld!" Tatsächlich ist es jedoch lediglich ein Buchgewinn, eine Momentaufnahme. Es ist wichtig, sich von dieser emotionalen Reaktion zu lösen, um Frustration zu vermeiden, wenn Kurse, trotz eines guten Gewinns, wie gewöhnlich schwanken.
Denn andernfalls gerät man in einen ständigen Zwiespalt zwischen der Angst vor schwindenden Gewinnen und dem Ärger über verpasste Gewinne durch zu frühe Gewinnmitnahmen. Dies kann die Freude an der Börse deutlich trüben!

Teilgewinne mitzunehmen - warum sollte man das tun?
Die Entscheidung, Teile einer bestehenden Position zu verkaufen, ist oft von Unsicherheit und der Angst vor einem Rückgang des erzielten Gewinns geprägt. Dieses Verhalten, auch bekannt als "Weder Fisch noch Fleisch", entspringt häufig der Unsicherheit des Anlegers.
Wenn ein Kurs genügend deutliche Signale für einen möglichen Rückgang zeigt, wäre es sinnvoller, die Position vollständig zu veräußern. Zeigt er hingegen keine solchen Anzeichen, gibt es keinen überzeugenden Grund, auch nur einen kleinen Teil zu verkaufen.
Teilgewinnmitnahmen sind oft Ausdruck von Unsicherheit. In solchen Momenten ist es wichtig, Klarheit zu gewinnen. Dies kann auf zwei Arten erreicht werden:
Erstens, indem man sich gründlich orientiert: Warum geschieht, was gerade passiert? Was sind die Hintergründe? Wie lässt sich die chart- und markttechnische Lage einschätzen? Wenn keine überzeugenden Antworten gefunden werden können, ist es oft sinnvoller, die gesamte Position zu verkaufen.
Zweitens, aus einer neutralen Position heraus ist es einfacher, die Lage objektiv zu analysieren. Eigene Positionen können die Sichtweise verzerren. Investoren, die stark in eine bestimmte Richtung investiert sind, neigen dazu, eher positiven Nachrichten zu folgen und Warnungen zu ignorieren. In solchen Fällen ist es oft ratsamer, die gesamte Position zu veräußern.
Immer ratsam: Gewinne mitnehmen, wenn der Stoppkurs es anzeigt!
Vor einem Ausstieg sollte man sich stets die Frage stellen: Welche überzeugenden Gründe sprechen dafür, in einem intakten Aufwärtstrend zu verkaufen?
Wenn man diese Frage nüchtern und objektiv betrachtet, wird man normalerweise keine überzeugenden Argumente für einen Verkauf finden. Es ist daher sinnvoller, zu warten, bis die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Rückgangs hoch ist - genau dort, wo man seinen Stoppkurs platziert hat.
Stoppkurse sind dazu da, um zu schützen. Sie sollten niemals ohne einen Stoppkurs agieren, selbst wenn man langfristig investieren möchte. Der Stoppkurs kann unter einer wichtigen Trendlinie liegen, unter einer bedeutenden Unterstützung oder ausgelöst werden, wenn beispielsweise die 200-Tage-Linie durchbrochen wird. An dieser Stelle Gewinne mitzunehmen, ist immer vernünftig.

Stoppkurse dienen oft als Ankerpunkte, an denen man sich orientieren kann, sowohl für den Ausstieg als auch für einen möglichen Wiedereinstieg. Wenn der Kurs über diesen Ankerpunkt steigt, der zuvor als Stoppkurs fungierte, und wenig Zeit vergangen ist, bleiben gleitende Durchschnitte und Trendlinien nahe, was einen erneuten Einstieg zu einem ähnlichen Niveau erleichtern könnte. Sollte das Verkaufssignal, das den Stoppkurs ausgelöst hat, sich als Fehlsignal erweisen und zu einer "Bärenfalle" werden, könnten Sie zu einem niedrigeren Kursniveau erneut einsteigen - und somit richtig handeln. Andernfalls könnten Sie sich neuen Möglichkeiten zuwenden, wenn sich am Markt nichts Wesentliches ändert, denn es besteht kein Grund, an einer bestimmten Aktie oder einem Index festzuhalten. Jeden Tag eröffnen sich neue Chancen, wenn man nur den Blick dafür hat!
Fazit: Stellen Sie sich vorher zwei entscheidende Fragen!
Vor einer Gewinnmitnahme überlegen Sie sich stets, warum Sie dies tun wollen. Oft wird eine Gewinnmitnahme ohne klare Orientierung durchgeführt, was es schwierig macht, den richtigen Zeitpunkt für einen Wiedereinstieg zu bestimmen. Wenn Ihre Antwort darauf lautet: "Diese 30 Prozent sind mehr, als ich erwartet habe, und das möchte ich mir nicht nehmen lassen", könnten Sie möglicherweise einen Fehler machen.
Der Kern einer richtigen Gewinnmitnahme-Strategie liegt im angemessenen Platzieren des Stoppkurses. Wenn Sie feststellen, dass der Stoppkurs zu weit entfernt ist und Sie sich allein wegen des Gewinns zum Ausstieg gedrängt fühlen, haben Sie zwei Möglichkeiten:
Sie könnten den Stoppkurs näher am aktuellen Kurs platzieren, um kurzfristigere Parameter zu berücksichtigen. Alternativ könnten Sie einen Teil der Position verkaufen. Doch Vorsicht! Diese Vorgehensweise wäre nur dann korrekt, wenn Sie die zweite wichtige Frage mit "Nein" beantworten können: Würde es mich ärgern, wenn der Kurs weiter steigt?

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